Der Besuch des US-Außenministers John Kerry nach Moskau, Verhandlungen mit dem Außenminister Sergej Lawrow und danach mit dem Präsidenten Wladimir Putin werden in Russland aktiv besprochen. Es entstehen viele Theorien darüber, was das alles bedeuten könnte, darunter gibt es Verschwörungstheorien.

Inzwischen ist die Situation ziemlich transparent. Die USA führen eine taktische Konservierung der Situation der russisch-amerikanischen Beziehungen in der Zeit bis zum Ende des Präsidentschaftswahlrennens in den USA durch. US-Präsident Barack Obama kann in der verbliebenen kurzen Zeit kaum inhaltlich bedeutende Schritte gegenüber Russland unternehmen. Bis zur Wahl des neuen US-Präsidenten — überhaupt keine. Weder positive noch negative. Das ist ihre Taktik. Da sich unsere Taktik auch in den nahegelegenen Gebieten (in der Ukraine) und in den fernen Gebieten (Syrien) als stärker erwies.

Dabei sollte man verstehen, dass die gesamten antirussischen Aktivitäten, die nicht direkt mit der Obama-Administration verbunden sind, intensiviert werden, weil es nicht mehr die Taktik, sondern der Inhalt der mittelfristigen US-Strategie ist.

Ich meine vor allem die Front des so genannten Informationskriegs und die ganze spezifische Tätigkeit zur Vorbereitung der möglichen revolutionären Szenarios in Russland.

Sanktionen werden nicht abgeschafft. Verschiedene Stiftungen und so genannte NGOs, Medien, quasi Menschenrechtler und natürlich Verfasser der Sicherheitsoperationen werden zu aktiven Teilnehmern der russischen Wahlkampagne und der Parlamentswahl.

Aus der Sicht jeder künftigen US-Administration soll Russland weiter geschwächt werden. Je mehr in dieser Richtung erreicht wird, desto einfacher wird es, jede mittelfristige Strategie der nächsten Präsidentschaft zu bilden.

Sie werden bei der Parlamentswahl in Russland versuchen, die Situation ins Wanken zu bringen, um radikale Handlungen bei der Präsidentschaftswahlkampagne und der Wahl 2018 zu ermöglichen.
Man soll Russland dazu bewegen, mittelfristig gegen die Drohung der inneren Destabilisierung zu kämpfen, damit es aus der Weltpolitik verschwindet und die USA nicht an der Umsetzung der langfristigen Strategie hindert.

Die beste Variante — Russland soll zerstört und noch stärker geschwächt werden, als dies in den 1990er-Jahren war. Dafür soll von der Macht Wladimir Putin entfernt und das System der 1990er-Jahre — Jelzinismus — wiederaufgebaut werden.

Unsere Aufgabe ist es, im Laufe der nächsten zwei Jahre zu überstehen und eine Rückkehr des Jelzinismus zu verhindern — als Form eines nicht souveränen und äußerst schwachen Russlands, das sich zum Zerfall bewegt. Das ist die minimale notwendige Bedingung für unser historisches Überleben. Das ist unsere mittelfristige Strategie.

Die langfristige Strategie der USA ändert sich nicht seit mehreren Jahren und unter mehreren Präsidenten. Einerseits hängt das damit zusammen, dass die US-Politik immer wenig davon abhing, welche Partei an der Macht ist.

In den letzten 15 bis 20 Jahren hängt dies noch damit zusammen, dass die Entwicklung dieser Strategie von einer politischen Gruppe privatisiert wurde, die als Neokonservativen gelten. Jetzt nennen immer mehr Analysten in verschiedenen Ländern (auch in den USA) sie Neotrotzkisten.

Laut dieser Strategie ist buchstäblich die ganze Welt eine Zone der lebenswichtigen US-Interessen. Hinter dem so genannten Globalisierungskonzept, das unter Bill Clinton entstand, stand nichts mehr.

Heute will Barack Obama die Zwischenergebnisse der Umsetzung dieses Konzeptes nicht nur in Form des politischen Einflusses und äußeren Steuerung, wirtschaftlichen Desouveränisierung, sondern auch die rechtliche Gestaltung des US-Protektorats über einem bedeutenden Teil der Welt festlegen.

Der Entwurf der Pazifik-Partnerschaft ist bereits unterzeichnet. Jetzt ist es für die USA äußerst wichtig, TTIP zu vereinbaren. Falls Obama bis zum Ablauf seiner Amtszeit dies schafft, kann seine Präsidentschaft als erfolgreich bezeichnet werden, weil der juridisch gestaltete Wiederaufbau des anglosächsischen Reichs von Europa über Atlantik bis Asien, über den Pazifischen Ozean formell mit seinen Anstrengungen erfolgt.

Die nächste US-Administration soll das dritte Dokumentenpaket unterzeichnen, das „Abkommen über Dienstleistungshandel" heißt. Damit soll die Macht der USA in dieser riesigen Region endgültig gestaltet werden. Was werden die Regierungen der Nationalstaaten machen, die zum neugestalteten Reich gehören werden? Sie werden kommunale Selbstverwaltung im Rahmen der minimalen, von Top-Behörden genehmigten Vollmachten, organisieren.

Ist der Erfolg der USA auf diesem Weg vorausbestimmt? Natürlich nicht. Das ist, was sie anstreben, es steht jedoch gar nicht fest, dass das erreicht wird. Das ist eine langfristige Strategie.

Vieles wird von uns abhängen. Von unserer langfristigen Strategie, die es bei uns bislang in einer eindeutigen Form nicht gibt, wir wissen jedoch bereits, die Antworten auf welche Fragen sie gestalten werden können.

Können wir in diesen zwei Jahren zusammen mit China und anderen SOZ- und BRICS-Ländern eine Alternative entwickeln, die sich auf gleichberechtigte und gegenseitig vorteilhafte Kooperation und nicht Diktatur eines Landes stützen wird? Können wir die Finanz- und Wirtschaftssouveränität erreichen und ein neues Wirtschaftssystem nicht nur in unserem Lande, sondern auch als Modell für alle bilden, die nicht zum neuen anglosächsischen Modell gehören wollen?

Können wir den größten Widerspruch der europäischen Zivilisation zwischen Sozialismus und Kapitalismus lösen, ein wahres umfangreiches System mit einer produktiven Zusammensetzung der beiden Modelle im Rahmen eines Landes schaffen?

Können wir ein politisches und gesellschaftliches System schaffen, das das Kapital, das via Macht reproduziert wird, und die Macht, die via Kapital reproduziert wird, beseitigen wird? Also auf das System der gesteuerten Demokratie verzichten, die nur ein Bühnenbild für dieses wichtiges Problem der modernen Zivilisation ist?

Können wir einem System eine Alternative anbieten, wo der aufgedrängte Konsum der wichtigste Inhalt des menschlichen Lebens ist? Können wir auf teure Sachen zugunsten wertvoller Ideale verzichten, die keinen Preis haben?

Das sind Fragen von historischem Ausmaß, sie sollen uns jedoch nicht erschrecken und uns als abstrakt erscheinen. Das sind wahre strategische Fragen, bei denen ein Erfolg in einem jahrhundertelangen zivilisatorischen Streit ohne Antwort kaum zu erreichen ist.

Es wird doch nicht um die Ukraine und Syrien sondern darum gestritten, wer sich auf der richtigen Seite der Geschichte erweist. Vor einem Jahr sagte Barack Obama, dass es die USA sind. Mal sehen.